Rudolf Steiner

Rudolf Steiner (1861–1925) gehört zu den großen Ideengebern der Neuzeit. Sein Wirken hat das Leben vieler Menschen verändert. Die Impulse, die er auf fast allen Lebens-, Wissens- und Kunstgebieten gegeben hat, gehören zum kulturellen Unterbau der heutigen Gesellschaft. Diese Bedeutung war Rudolf Steiner keineswegs in die Wiege gelegt: Er entstammt einfachen, ja ärmlichen Verhältnissen. Sein Vater ist Beamter bei der Österreichischen Reichsbahn. Beide Eltern kommen aus dem Waldviertel in Niederösterreich. Die Verhältnisse der Eltern zwingen zu häufigen Ortswechseln der Familie. Rudolf hat zwei Geschwister, von denen eines taubstumm geboren wird. Früh zeigt sich Steiners hohe geistige Begabung uns seine spirituelle Erlebnisfähigkeit.

Nach dem Besuch der Realschule erhält Steiner ein Stipendium und kann sich in Wien an der Technischen Hochschule für Mathematik und Naturwissenschaften immatrikulieren. Daneben besucht er Vorlesungen in Literatur, Philosophie, Geschichte. Als Privatlehrer in Wien unterrichtet er das Leben und Wirken Goethes – eines seiner zentralen Forschungsthemen, dem er sich auch in der Folgezeit als Mitarbeiter des Goethe-Schiller-Archivs in Weimar widmet. Hier promoviert Steiner 1891 mit dem Werk Wahrheit und Wissenschaft – Vorspiel einer Philosophie der Freiheit. Weitere Werke entstehen, z.B. die Philosophie der Freiheit, die Steiner 1918 neu herausgibt und noch im Alter als sein Hauptwerk bezeichnet.

Es beginnt nun eine rege schriftstellerische Tätigkeit, die mit vielen Reisen einhergeht. Steiner gibt Zeitschriften heraus und lehrt von 1899 bis 1904 an der Arbeiter-Bildungsschule in Berlin. Ab 1901 hält er Vorträge innerhalb der Theosophischen Gesellschaft. Von ihr trennt er sich 1913, um in der neuen, von Anhängern seiner Geisteswissenschaft gegründeten Anthroposophischen, d. h. menschenkundlichen, Gesellschaft zu wirken. Er wendet sich der östlichen Esoterik sowie dem Christentum zu und erarbeitet eine auf die Geisteswissenschaft gegründete Christologie. Mit seiner Frau Marie Sievers gründet er in Berlin einen Verlag. Steiner entwirft Pläne für das Zentrum der Anthroposophischen Gesellschaft, das im Schweizerischen Dornach erbaut wird. Dieses Goetheanum fällt 1922 einem Brand zum Opfer. Ein zweites Goetheanum entsteht 1923 und ist heute noch Zentrum der anthroposophischen Welt.

Mit Beginn des ersten Weltkrieges wendet sich Rudolf Steiner mehr und mehr politischen, soziologischen, ökonomischen Fragen zu. Auf Anregung des Weggefährten Emil Molt trifft der Betriebsrat der Waldorf Astoria Cigarettenfabrik im April 1919 einen Beschluss von gewisser Tragweite: Um den Kindern der Mitarbeiter eine bessere Zukunft zu ermöglichen sei eine Schule zu gründen, deren Leitung Rudolf Steiner in die Hände gelegt wird: Die erste freie „Waldorfschule“ entsteht – der Beginn einer pädagogischen Reform mit inzwischen weltumspannenden Ausmaßen. Tatsächlich ist Steiner ihr erster Lehrer und bildet in den folgenden Jahren neben seiner literarischen Arbeit das Kollegium aus. Im Jahr 1924, dem letzten Jahr seines Lebens, entwickelt Steiner eine außergewöhnlich intensive Vortragstätigkeit, die er aus Gesundheitsgründen im September 1924 jedoch einstellen muss. Er stirbt am 30. März 1925 in Dornach. Neben einem autobiografischen Fragment (Mein Lebensgang) hinterlässt Steiner ein Werk an Schriften und Mitschriften seiner Reden, das über 300 Bände umfasst und dessen Wirken auf die Nachwelt weiterhin lebendig ist.

Weitere Informationen zu Rudolf Steiner finden Sie z.B. hier:
Christoph Lindenberg:
Rudolf Steiner, Eine Biographie 1861-1914 und 1915-1925
2 Bände, Verlag Freies Geistesleben